Meckenheim-Lüftelberg, Wallfahrtskirche St. Peter und Lüftildis
Hl. Lüftildis, 9-11. Jh.
Überall Lüfthildis – und ein bisschen Petrus
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Taufbecken mit Lüftildis-Statue
Foto: Martin Mölder
„Hier ist an Lüfthildisdarstellungen nicht gespart worden, aber das war ja auch eine beeindruckende Frau“, sagt Willi-Josef Wild, ehrenamtlich Engagierter in der Gemeinde und Regisseur der, mittlerweile weit über den kleinen beschaulichen Ort Lüftelberg bekannten, Mysterienspiele. Auf fast jedem Fenster, als Büste und Statue ist Lüfthildis zu sehen – die Darstellungen des heiligen Petrus, ebenfalls nicht unbedeutender Heiliger und zweiter Namensgeber des Doppelpatroziniums der Kirche, sind eher übersichtlich. Die kleine, romanische Kirche (mit einigen gotischen Elementen) passt in diesen von Fachwerkhäusern und schmalen Gässchen geprägten Ort und die terrakottafarbenen Elemente an der Außenfassade erinnern an die Zeit, als Lüftelberg noch ein „Ton-Dorf“ war. „Es gab hier über 36 tonverarbeitende Betriebe, wie Dachziegeleien usw. Auch die spätere Orgelbau-Firma Klais hatte so eine Dachziegelfabrik hier. Die Familie hat im Haus direkt gegenüber der Kirche gewohnt und Johann Klais hat hier seine erste Orgel mit Tonpfeifen gebaut. Die hat aber nie richtig geklungen, weil man Tonpfeifen nicht stimmen kann“, erzählt Wild und schmunzelt.
Beeindruckend ist die Geschichte der Kirche und seiner Patronin. Experten datieren das Alter des Fundaments aus Bruchsteinmauerwerk und Trachyt zurück auf das 11. Und 12. Jahrhundert. Um das Jahr 1300 wird die Kirche erstmals als Pfarrkirche im Sinne einer Kapelle der benachbarten Burg erwähnt. Nachdem um 1350 auch der Chor, das Langhaus und das Gewölbe mit Kassettendecke fertig war, kamen immer mehr Menschen, um die heilige Lüfthildis zu verehren und um Schutz und Hilfe zu bitten. Schnell wurde aus der kleinen Kapelle eine Wallfahrtskirche.
Der immer größere Zulauf von Pilgergruppen und die große Anzahl an Erzählungen von Krankenheilungen sorgten dafür, dass der Erzbischof von Köln und gleichzeitig Herzog von Bayern, Kurfürst Ferdinand, im Jahr 1623 beschloss, eine Erhebung der Gebeine der Heiligen Lüfthildis vorzunehmen. Das geschah am 1. Juni desselben Jahres. Aus diesem Grund sind bis heute der Zeitraum Anfang Juni und der 23. Januar, der Todestag der heiligen Lüfthildis, besondere Termine im Kalender jeder Lüftelbergerin und jedes Lüftelbergers. Auch, und besonders für Willi-Josef Wild, der als Regisseur die Mysterienspiele leitet, die immer im Juni in der Kirche aufgeführt werden. „Mittlerweile haben wir, dank Kurt Fassbender, der seit 1980 im Schnitt jedes Jahr ein Stück für die Mysterienspiele geschrieben, ein großes Repertoire von mehr als 20 Stücken. Nicht nur über die heilige Lüfthildis, sondern auch das Leben von Don Bosco, Elisabeth von Thüringen, Franz von Assisi oder auch Adam Schall von Bell, der ja auch ein Sohn des Ortes ist und hier in der Kirche dargestellt ist.“ Johann Adam Schall von Bell, 1592 geboren, war deutscher Jesuit, Astronom, Missionar und Mandarin und oberster Berater am Hof des Kaisers von China.

Innenraum
Foto: Martin Mölder

Reliquienschrein
Foto: Martin Mölder
Bis zu 20.000 Pilger kamen in der Blüte der Wallfahrtszeit Lüftelbergs in die kleine Kirche. Manchmal saßen bis zu acht Priester dort, um die Beichte abzunehmen. „Um die heilige Lüfthildis ranken sich viele Sagen und Legenden“, erzählt Willi-Josef Wild. Manches davon erinnert an das Märchen von Aschenputtel, die wie Lüfthildis, von ihrer Stiefmutter wie eine Dienstmagd behandelt und schikaniert wurde. „Die Geschichte, in der Rosen statt dem vorher von Lüfthildis für die Armen entwendeten Brot in ihrer Schürze waren, ist eine davon.“ In einer anderen zog sie nach Grenzstreitigkeiten eines Nachbarn mit ihrem Vater mit ihrer Spindel hinter sich eine Trennlinie, die danach zu einem tiefen Graben wurde. Den Lüfthildisgraben gibt es bis heute. Er ist am Bahnhof Kottenforst zu bewundern.
Die Spindel war es auch, die Lüfthildis Kranken auflegte und so deren Ohrenkrankheiten heilte. Deshalb wird die Heilige bis heute fast immer mit Spindel dargestellt. Sie ist aufgrund der Legende zuständig für Krankheiten der Augen und der Ohren. Aus dem Grund wurden vor allem im 17. und 18. Jahrhundert, aber auch später noch, viele Kranke in die Kirche gebracht, in der die Gebeine der Heiligen aufbewahrt werden. Der Segensspruch lautet: „Auf die Fürsprache der heiligen Lüfthildis bewahre dich der Herr vor allen Krankheiten der Augen, der Ohren und vor jedwedem anderen Übel.“ Willi-Josef Wild erinnert sich daran, dass er als kleines Kind des Öfteren Krücken in der Sakristei gesehen hat.
Die Reliquien werden, nachdem sie bereits mehrfach in Hochgräbern umgezogen waren (die erste Grabplatte des ursprünglichen Lüfthildisgrabes steht auch noch in der Kirche), jetzt in einem kleinen Schrein in einer Stele hinter dem Hauptaltar beherbergt, der wie die Stele auch von Bildhauer Hein Gernot gefertigt wurde. Dort war sie Anfang der 1980er-Jahre gestohlen worden, aber wurde im Park der Burg kurz danach fast unversehrt wiedergefunden. Wieder ein Wunder in Meckenheim-Lüftelberg bei Bonn.
Gebet
Text des Lüfthildis-Liedes:
O Lüfthildis voll Erbarmen, Schutzpatronin steh´ uns bei.
Bitt´ für uns, für Deine Armen, dass uns Gott barmherzig sei.
Zeig Dich gnädig unserm Flehen, wolltest uns zur Seite stehen.
Oh Lüfthildis, steh´ uns bei.
Du, der reinsten Blumen eine, halfst so manchem aus der Not.
Strahlest nun im Glorienscheine, bitte auch für uns bei Gott.
Wir sind alle Deine Kinder, bitte für uns arme Sünder.
Oh Lüfthildis, steh´ uns bei.