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Siegburger Land Zentrum

KircheSt. Servatius Siegburg

Hl. Servatius, 12. Jh.
Die Kostbarkeiten in der St.-Servatius-Kirche sind weltweit einzigartig. Ein echter Geheimtipp – und der liegt mitten in Siegburg.

Kontakt
Pastoralbüro St. Servatius
Mühlenstraße 6
53721 Siegburg

Tel.: 02241/97169-0

pfarrbuero[æt]servatius-siegburg.de

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St. Servatius Innen
Foto: Martin Mölder

Mild strahlt die Sonne durch die großen Fenster auf die Südempore der Servatiuskirche im Herzen von Siegburg am Fuße des Michaelsbergs und leuchtet das Bauwerk aus. Hier oben ist die Schatzkammer, bestehend aus drei Räumen. Sie ist kein Museum, sondern in den Kirchenraum integriert. Seit mehr als einer Stunde hält sich das Ehepaar im mittleren Alter auf der Empore und in den angrenzenden Ausstellungsräumen auf. Die beiden sind eigens aus Bamberg angereist. In dieser Stunde sind sie die einzigen Besucher. Angelockt hat sie die Aussicht, einen der bedeutendsten Kirchenschätze aus romanischer Zeit in Ruhe und aus der Nähe zu betrachten. Sie nehmen sich alle Zeit der Welt. Man spürt förmlich, wie sie die Begegnung mit der Kunst der Romanik genießen. Leise weisen sie einander vor dem Benignusschrein aus dem Jahr 1190 auf besondere Objekte an dem mit Bergkristall, Edelsteinen und Gemmen verzierten mittelalterlichen Meisterwerk hin. Lange verweilen sie anschließend an der Vitrine mit dem Anfang des 13. Jahrhunderts entstandenen Honoratusschrein. Hier haben es ihnen die in Goldblech getriebenen Szenen aus dem Leben Jesu angetan.

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Annoschrein
Foto: Martin Mölder

Wo sich Himmel und Erde berühren
Vor dem Schrein des heiligen Anno, der um 1183 in der Werkstatt von Nikolaus von Verdun entstand – 20 Jahre bevor dieser für den Kölner Dom den Schrein der Heiligen Drei Könige schuf –, halten sie kurz inne. Vielleicht hat die am Schrein brennende Kerze ihre Aufmerksamkeit geweckt. Auch wenn der Schrein für die Reliquien des Gründers der Benediktinerabtei auf dem Berg oberhalb der Stadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts eines Teils seines Schmuckes beraubt wurde, sind die erhaltenen Details mehr als faszinierend: Die vollplastischen Figuren der Apostel oder die Darstellungen der Evangelistensymbole sind in einer Feinheit und Präzision gearbeitet, dass man auch fast 900 Jahre nach ihrer Entstehung nur bewundernd vor dem Können der alten Meister stehen kann. „Es gibt Orte, an denen sich Himmel und Erde berühren“, hat der damalige Pfarrer von Siegburg, Thomas Jablonka, über die Schatzkammer anlässlich der Neueröffnung im Jahr 2017 in dem Begleitheft zur Ausstellung geschrieben. Seither können sich Besucher, wie das Paar aus Bamberg, kostenlos von der Pracht und Schönheit der Schreine, Kreuze, mittelalterlichen Textilien oder der Reliquiare in Form von Häusern in den Bann ziehen lassen. Gerade die beiden um 1220/30 in Limoges, im nordwestlichen Zentralmassiv in Frankreich, entstandenen Reliquiare stechen in dem Kirchenschatz hervor. Die Stadt war berühmt für die Herstellung von Gegenständen aus vergoldetem Metall und farbiger Emaille.

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Schatzkammer
Foto: Martin Mölder

Mutiger Benediktiner und Bürger
Charakteristisch ist das Blau als vorherrschende Farbe. Geschmückt sind die Siegburger Reliquiare mit zahlreichen Details, die Szenen aus dem Leben Jesu zeigen. Für Dr. Anna Pawlik, Kunsthistorikerin im Erzbischöflichen Generalvikariat und Expertin für mittelalterliche Schreine, ist der Siegburger Kirchenschatz „einzigartig auf der Welt“. „Nirgendwo anders gibt es ein solches Ensemble aus fünf großen Reliquienschreinen aus der Romanik in einem solchen Erhaltungszustand. Der Kölner Dom hat seine Schatzkammer – das Erzbistum hat Siegburg“, sagt sie. Dabei habe der Siegburger Kirchenschatz einen deutlich älteren Bestand. Dieser gehe auf die lange und ununterbrochene Geschichte der 1064 gegründeten und 1803 in der Säkularisation aufgehobenen Benediktinerabtei auf dem Michaelsberg zurück. „Jahrhundertelang haben es die Benediktiner geschafft, sich aus politischen Wirren herauszuhalten oder rechtzeitig ihren Reliquienschatz mit seinen kostbaren Reliquiaren vor plündernden Truppen in Sicherheit zu bringen.“ Fast wäre der Schatz im 19. Jahrhundert für Siegburg verloren gegangen, wären die Bewohner der Stadt nicht auf die Barrikaden gegangen und hätten den Abtransport der Heiligen in ihren Schreinen in letzter Minute verhindert.

Kampf gegen Kulturklau
Wie kam es dazu? Nach der Aufhebung der Abtei und der Vertreibung der Mönche blieben die Reliquienschreine mit ihren Inhalten in der Abteikirche. Im Zuge der territorialen Neuordnung vereinigte Napoleon das ehemalige Gebiet der Abtei Siegburg mit anderen rechtsrheinischen Teilen des aufgelösten deutschen Reiches zu einem Großherzogtum „Berg“ mit der Hauptstadt Düsseldorf. Von dort erging die Anweisung, die Schreine der Abteikirche an geeignete Kirchen zu übergeben. Der zuständige Präfekt entschied, warum und für wie viel auch immer, die kostbaren Kunstwerke in die Kirche von Birk, einem Filialort von Lohmar, zu übergeben. Als sich die Nachricht in Siegburg verbreitete, waren Zorn und Empörung groß. In einer Notiz im Siegburger Pfarrarchiv sind die Ereignisse im Mai 1812 festgehalten. Darin heißt es: „Obgleich nun unter der Hand der Kirchenvorstand von Birk de jure sich in den Besitz der Reliquien zu drängen gewusst hatte, so sollte er doch bald in Erfahrung bringen, wie schwer er es haben würde, das unter der Hand erworbene Besitztum faktisch anzutreten. Die Siegburger Bürger sahen nämlich an einem schönen Maimorgen des Jahres 1812 mit Entsetzen, wie Abgeordnete einer benachbarten Gemeinde sich anschickten, jene kostbaren Pfänder zu entführen, die sich trotz Stürmen und Drangsalen mehr als 600 Jahre in dem unbestrittenen Besitze einer Abtei befunden hatten, die ihrem Städtchen Leben und Wachstum gegeben hatte. Und siehe da, in der sicheren Überzeugung, dass die Pfarrkirche am Fuße des Abteiberges ein näheres Anrecht auf die unschätzbare Hinterlassenschaft der verwüsteten Mutterkirche besäße, treten die wackeren Siegburger in Massen zusammen, heben sofort die schon verladenen Reliquienschreine von den Karren und weisen den superklugen Birkern nicht ohne Gegenwehr jene Stelle, wo die Stadtmauer eine Öffnung hatte.“

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